Daten zu Daten, Code zu Code

Es war einmal ein Programmierer wie jeder andere. Sprich: Kurz vor Feierabend bekam er die Aufgabe, mal eben schnellTM einem neuen Kunden Zugriff auf eine bestimmte Ressource zu gewähren.

Was glauben Sie, warum er sein für den Abend geplantes Date mit Pizza&Kuscheln absagen musste?

Klarer Fall: Weil er oder einer seiner Kollegen bzw. Vorgänger das Bibel-Zitat aus der Überschrift nicht kannte.

Daten als Code

Wie immer sagt ein Beispiel mehr als 1000 Worte, und ich will ja nicht Ihre Zeit verschwenden. Schauen Sie sich daher das folgende Codebildchen an.

switch(userrole) {
case "DRG_BES":
case "DRG_ARG":
case "DRG_EFT":
    mgrNr = 332;
    break;
case "DRG_ALB":
    mgrNr = 451;
    break;
case "DRG_EDV":
    mgrNr = 322;
    break;
case "DRG_BFF":
    mgrNr = 537;
    break;
case "DRG_DDA":
    mgrNr = 336;
    break;
...

Wohlgemerkt handelt es sich hier um einen (leicht verfremdeten) originalen Ausschnitt aus einer umfangreichen Software-Lösung in Java. Die case-Konstruktion im analysierten Gesamtcode war noch länger, und ganz ähnliche Monster gab es an weiteren Stellen.

In einem anderen Projekt gab es auch mal eine ganz ähnliche Konstruktion zur Behandlung von speziellen Userrechten, daher der eingangs erwähnte Anwendungsfall unseres armen Programmierers. Denn der muss, um seine Aufgabe zu lösen, nun den Code erweitern, und zwar möglicherweise an mehreren Stellen. Dann muss er die Software testen, bauen und deployen oder, sollte es sich nicht um eine Serveranwendung handeln, ein Setup-Paket an einen Kunden schicken.

Wie gesagt: das war’s mit dem Date. Denn getreu Murphy’s Law geht dabei irgendwas schief … na ja, ich denke, Sie kennen das, haben es selbst erlebt oder erleiden müssen und fühlen mit unserem armen Programmierer, der sich an der Schwelle zur grausigsten aller Schrottsoftwareapokalypsen wähnt.

Daten sind Daten

Der Knackpunkt ist natürlich: Wenn Sie Daten als Code schreiben, müssen Sie die Anwendung kompilieren, bauen und ausrollen, um etwas zu ändern. Befinden sich Daten da, wo Daten hingehören (in Datenbanken oder Ressourcen- bzw. Konfigurationsdateien), und ist der Code generisch, genügt es, die Daten an der richtigen Stelle zu ändern, was in 99,99% der Fälle deutlich weniger Aufwand ist.

Der zugehörige Ersatz-Code für obiges Konstrukt könnte beispielsweise so aussehen:

mgrNr = userSettings.getMgrNrForUserrole(userrole);

Dabei ist es dem Code an dieser Stelle egal, ob userSettings ein simples POJO ist, in das die richtigen Daten irgendwann vorher geladen wurden, oder ob die Klasse den gewünschten Wert in diesem Moment aus einer Datei oder Datenbank liest. Im ersteren Fall muss die Anwendung möglicherweise neu gestartet werden, oder anderweitig signalisiert bekommen, dass sich Settings geändert haben und neu geladen werden müssen. Hat der Software-Architekt damit gerechnet, dass sich solche Daten außerhalb ändern können, hat er möglicherweise auch einen automatischen Refresh eingebaut. Zu beachten ist nämlich, dass sehr häufige Zugriffe auf meist statische Settings-Daten durchaus die Performance beeinträchtigen können, wenn jedesmal ein Datenbankzugriff oder z.B. eine XML-Deserialisierung notwendig ist. Ein Caching von Settings für ein paar Minuten ist also oft eine gute Idee.

Sie sehen natürlich auf den ersten Blick, dass der neue Code nicht nur ein Vielfaches kürzer ist als das alte Switch-Konstrukt. Er ist außerdem sofort zu verstehen und damit sehr gut wartbar. Auch die Fehleranfälligkeit ist geringer, weil eine versehentliche Veränderung in einem String-Literal oder einer der “magic numbers” im Eingangsbeispiel hier nicht passieren kann (der Compiler würde es wohlgemerkt nicht merken).

Daten sind Daten, aber wie?

Wenn Sie vor der Entscheidung stehen, wie und wo Sie Konfigurationsdaten ablegen, gibt es weder eine Patentlösung noch allgemeingültige Empfehlungen.

So möchten Sie User/Rollen-Konfigurationen einer auf Kunden-PCs laufenden Anwendung sicher verschlüsseln oder zumindest digital signieren, damit sich niemand auf einfache Weise zusätzliche Rechte verschaffen kann. Das ist natürlich mit Standard-Bibliotheken ohne weiteres möglich und ändert nichts am Grundprinzip der sauberen Trennung von Daten und Code.

Auf Dateiebene kommen ini- oder properties-Dateien in Frage, für komplexere Daten (wie Maps/Dictionaries wie im obigen Beispiel) XML- oder Json-Format. Beachten Sie, dass es für so ziemlich jede Programmiersprache, die etwas auf sich hält, Bibliotheken gibt, die Ihnen solche Dateien in Objekte deserialisieren (z.B. GSON oder Jackson für Java). So können Sie eine bestimmte Datenstruktur erzwingen, brauchen keine tippfehleranfälligen Stringliterale für den Zugriff, und strukturell falsche Daten führen zu Ausnahmefehlern, die (ordentliche Fehlerbehandlung vorausgesetzt) sofort sichtbar werden.

Auf Nummer sicher gehen Sie mit einer Datenbank, in der das relationale Schema die Datenstruktur fest vorgibt. Das muss natürlich kein ausgewachsener SQL-Server sein – auch dateibasierte Datenbanken wie Apache Derby oder SQLite erfüllen ihren Zweck. Das obige Beispiel würde eine Tabelle mit zwei Spalten (userrole und mgrNr) erfordern, wobei die userrole gleichzeitig der unique primary key wäre und die get-Funktion letztlich eine SQL-Query ausführt:

 SELECT mgrNr FROM settings WHERE userrole=:?

Diese oder jene Daten

Daten in Ressource-Dateien abzulegen (auch dateibasierte Datenbanken sind letztlich welche), eröffnet Ihnen mit modernen Build-Systemen wie Maven weitere Möglichkeiten. So können Sie mit Maven-Profiles das Buildsystem anweisen, unterschiedliche Ressourcen-Verzeichnisse zu verwenden. Auf diese Weise können Sie Testversionen getrennt von Produktivversionen verwalten oder auch unterschiedliche Ausprägungen eines Produkts bauen. In Mavens pom.xml schreiben Sie einfach:

<profiles>
    <profile><id>dev</id></profile>
    <profile><id>live</id></profile>
    ...
</profiles>

Sie übergeben dem mvn-Kommando mit dem Parameter -P den Namen des gewünschten Profils. Dann verwendet Maven zusätzlich zum Standard-Verzeichnis für Ressourcen (resources) ein Verzeichnis namens resources-[profile]. Legen Sie also einfach die jeweiligen Dateiversionen in unterschiedliche resources-xxx-Verzeichnisse und bauen Sie die Anwendung mit dem passenden -P-Parameter.

Wenn Sie das Springframework verwenden, können Sie mit passenden Annotations dafür sorgen, dass Konfigurationsparameter direkt zu Java-Beans verarbeitet werden, die per Autowire im Inversion-of-Control-Container zur Verfügung stehen. Aber das ist ein Thema für einen anderen Artikel.

Mögen Ihre Daten immer Daten sein, auf dass keines Ihrer Dates ausfallen muss!

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