Delphi: Unkaputtbar

Kürzlich wurde ich gefragt, ob ich denn Pascal beherrsche. Nun, diese Sprache hat mir mein Informatik-Lehrer in der 9. und 10. Klasse beigebracht, das war so anno 84/85. Dergleichen vergisst man genausowenig wie die Musik, die man damals gehört hat, und die teilweise so ähnlich klang wie prozeduraler Code. Natürlich hat sich seitdem einiges verändert: Ältere von uns erinnern sich bestimmt an die “Delphi-Epoche”, in der so ziemlich jede Free- oder Shareware für Windows mit Borlands praktischer RAD-IDE gebaut wurde.

Aber nicht nur das: Viele mittelständische Unternehmen verwenden immer noch Delphi-Software, weil es schlicht viel zu aufwändig wäre, sie neu zu schreiben, und – nun ja, sie funktioniert ja. Delphi kommt inzwischen von Embarcardero. Es gibt eine kostenlose Community Edition 10.3 des RAD Studio, das immer noch so funktioniert wie vor Jahrzehnten und das Versprechen des “rapid application development” auch hält: Die UI wird mit der Maus gebastelt, heraus kommt am Ende ein 32- oder 64-bittiges Binary, das (mit verlinkten Laufzeitbilbiotheken) sofort auf jeder Windows-Kiste läuft. Inzwischen wurden zig Features, die man zuvor immer nachrüsten musste, integriert, zum Beispiel Git/Subversion, unzählige Komponenten für HTTP, REST, Xml, Gestensteuerung und auch Must-haves wie Refactoring.

Delphi 10.3 Community Edition: Retro-Programming für die kleine UI-Anwendung zwischendurch

Natürlich würde niemand heutzutage ein neues Projekt mit Delphi beginnen, oder? Es muss ja immer gleich eine Webanwendung sein, deployed auf zig Kubernetes-Clustern, Amazon freut sich dann über die AWS-Kosten. Dafür gibt es natürlich gute Gründe (zum Beispiel kann man jederzeit Updates durchführen, ohne dass der Kunde irgendetwas tun muss), und die meisten Menschen, die Pascal sprechen, sind ihrer Rente näher als dem Abitur. Woher sollte man solche Entwickler also auch nehmen?

Da es mit FreePascal/Lazarus auch eine freie Alternative gibt, ist die Zukunft von Pascal gesichert. Sauber programmieren kann man auch mit dieser alten Sprache. Wenn man nicht alles in seine TForm-Klassen stopft (wozu Delphi ja leider ermuntert) und das Single-Responsibility-Prinzip achtet, wohlgemerkt. Delphi unterstützt auch Linux und inzwischen sogar Android und iOS. Ob es eine gute Idee ist, eine App in Pascal zu schreiben, wage ich nicht zu beurteilen, falls jemand sachdienliche Hinweise dazu hat, immer her damit!

Wer’s mal ausprobieren möchte: Die Community-Edition erfordert nur eine kostenlose Registrierung und ist hier erhältlich.

Ganz ehrlich: Ich finde, dass sich Delphi unter Windows langsam und flackerig anfühlt. Die IDE assistiert mir bei weitem nicht so komfortabel wie die von IntelliJ oder VS Code (oder, okay, Opa Eclipse). Es wird nicht im Hintergrund kompiliert, so dass mein korrekter Code rot unterstrichen bleibt, bis ich explizit ein Build auslöse. Man ist ja verwöhnt …

Haben Sie auch Hacker in die Teeküche eingeladen?

Wichtige Mitteilung! Bitte auf keinen Fall kritische Sicherheitslücken in Exchange-Servern entfernen!

Sonst hab ich nix mehr, über das ich mich lustig machen kann.

Liebe Admins. Corona hin oder her: Kritische Sicherheitslücken, für die seit Februar Patches bereitstehen, und die einem Angreifer ermöglichen, Ihr System zu übernehmen, also quasi eine Einladung in die Teeküche Ihrer Firma – wo Sie sicher auch diverse Rechner ohne Passwortschutz herumstehen haben, nicht wahr? So sieht’s aus. Kommt, liebe Hacker, wir haben nix zu verbergen, wir brauchen unsere Daten nicht, verschlüsselt sie ruhig, unsere Vorstände zahlen auch gerne das Lösegeld, das ist immer noch billiger als Leute einzustellen, die sich ordentlich um die IT-Sicherheit kümmern.

Ach, und übrigens soll es auch Mail-Systeme geben, die ganz grundsätzlich weniger anfällig sind als jene von Microsoft. Und nix kosten. Open Source nennt man das, klingelt’s?

Weitere Infos beim BSI

IT-Expertennetzwerk Wetter (Ruhr)

Falls jemand fragt: Ja, ich bin Mit-Gründer des lokalen Netzwerks für IT-Experten in Wetter (Ruhr). Derzeit existiert es in Form einer Gruppe bei Xing. Sinn ist der Austausch unter lokalen IT-Experten zu beliebigen Themen, sei es Mitarbeitersuche, Know-How-Transfer oder Händeschütteln (letzteres erst wieder nach Corona). Wer Interesse hat, IT-Experte ist und entweder in Wetter wohnt oder arbeitet, kann sich gerne melden.

Alternative App-Bezahlmethoden werden endgültig verboten

Ja, Tante Google, kann ja schonmal vorkommen, dass man sich verschreibt, ist ja auch nicht schlimm, denn wir wissen, ja, dass ihr eigentlich schreiben wolltet: Bezahlung von unserem System vorbei wird komplett verboten, um UNSERE EINNAHMEN ZU SCHÜTZEN.

Im Klartext: Google will immer schon die 30% Gebühr einstreichen, denn wo kämen wir denn hin, wenn es da irgendeine Form von Konkurrenz gäbe, dann würde Google schließlich noch pleite gehen, und das wollen wir doch alle nicht, gell?

Für Android-Entwickler, die noch alternative Payments über Links auf Webshops o.ä. verwenden, heißt das: Bis 30.9.21 gibt es eine “extended grace period”, danach werden eure Apps aus dem Play Store geschmissen, wenn ihr die alternative Bezahlmethode bzw. Verlinkung darauf nicht rausnehmt. Unklar ist noch, ob auch schlichte Links auf die Homepage etwa eines Spiels verboten sind (wo dann wiederum ein Webshop aufgerufen werden kann). Ab dem 1.1.2021 müssen neue Apps der neuen Regelung genügen.

Nachhaltige Software

Neulich traten die hiesigen Bürgermeisterkandidaten zu einer Podiumsdiskussion an. Motto: Nachhaltigkeit.

Es ging um Mobilität, Wohnen, Teilhabe. Gut und schön, aber es gibt Aspekte, auf die Bürgermeister wenig Einfluss haben.

Zwei Beispiele:

Mein Acer-Laptop ist ein paar Jahre alt und war nicht ganz billig, er enthält zwei Grafikchips, einer spart Strom, einer zum Spielen. Leider unterstützt Windows 10 den besseren Chip nicht, der Hersteller hat natürlich auch null Motivation, einen neuen Treiber zu schreiben. Die Kiste ist also zum Spielen nicht mehr zu gebrauchen. Wer da die Abwärtskompatibilität abgesägt hat, kriegt von mir die verschimmelte Himbeere der Nichtnachhaltigkeit.

An meinem Arbeits-PC hängt ein ziemlich cooler (da ständig blau blinkender) WLAN-Stick von Asus mit toller Reichweite. Leider wird der enthaltene Chip von Linux-Kerneln ab 5.4 nicht mehr unterstützt. Würde ich also das (natürlich aus Sicherheitsgründen empfohlene) Update durchführen, müsste ich entweder Stunden in diffiziles Herumgefummel an komplizierten Treiber-Quellcodes investieren oder den alten WLAN-Stick wegschmeißen und einen neuen kaufen. Gerade Linux als Open Source-Betriebssystem sollte sich meiner Ansicht nach solche Fehler nicht erlauben. Die nächste verschimmelte Himbeere.

Verbunden sei dies mit dem Aufruf, nur dann auf Abwärtskompatibilität zu verzichten, wenn dadurch keine Hardware obsolet wird.

Nachhaltige Software ist möglich!

Visual Forth für Android und Arduino

Ich bin ja Experte darin, Dinge in einen Topf zu werfen, die sonst nix miteinander am Hut haben. Anders ausgedrückt:

Wenn man Müsli, Tomatensoße, Klebstoff und Lötzinn kräftig aufkocht, kommt wohl etwas wie das hier dabei raus:

Das ist … erklärungsbedürftig.

Das Bild zeigt eine App, an der ich gerade arbeite, und die demnächst ins Licht der Öffentlichkeit treten wird (ich teste und optimiere noch wild dran herum). Hinter dem klobigen Namen “Visual Forth for Arduino” verbirgt sich eine Art grafische Variante der Programmiersprache Forth. Ähnlich wie Scratch kann man Befehle als Klötzchen untereinander kleben, um ein Programm zu erzeugen. Der Clou daran: Dieses Programm läuft dann per Knopfdruck auf einem ganz normalen Arduino Nano, der über ein OTG-Kabel via USB am Tablet hängt. Einzige Voraussetzung: Der Arduino wurde zuvor mit Finf bespielt. Finf (“Finf is not Forth”) ist eine kleine Forth-Umgebung für Arduino, Open Source, ursprünglich von Leandro A. F. Pereira, wird aber von mir weiterentwickelt (und korrigiert, räusper). Meine App erzeugt also aus den Klötzchen Forth-Code (oder besser: Finf-Code und lässt ihn auf dem Arduino laufen.

Vorteil im Vergleich zu Scratch für Arduino: Das Programm funktioniert auch dann noch, wenn man den Arduino aus dem Tablet stöpselt und einfach an eine Stromversorgung anschließt! (In der Premium-Version meiner App, har har.)

Jetzt könnt ihr ja mal raten, was obiger Forth-Code auf dem Arduino tut.

Auflösung
Wenn man den mittleren Anschluss eines Spannungsteilers mit einem normalen und einem lichtempfindlichen Widerstand an Eingang A2 anschließt und eine Leuchtdiode an D2, dann geht die LED an, wenn es dunkel wird.

An der Einrücktiefe erkennt man übrigens die Stapel-Höhe vor dem jeweiligen Befehl. So hinterlässt der Analogread-Befehl seinen Messwert natürlich (symbolisch sichtbar anhand der Einrückung darunter) auf dem Stapel. Daher “visuell” – denn wer mal versucht hat, Forth zu programmieren, ist entweder verrückt geworden oder hat sich dergleichen aufgemalt (Mehr zum Thema “Forth” und “verrückt” in diesem Buch).

Meinen Fork von Finf gibt es hier auf github.

Mehr zu diesem spannenden Maker-Thema demnächst.

Warum KIs schlechter sind als ihr Ruf

KI hier, KI da – Autos sollen sie fahren, in der Medizin beraten oder gleich den ganzen Laden übernehmen. Wie schlecht Deep Learning dazu geeignet ist, zeigt sich immer wieder daran, wie leicht man eine KI überlisten kann. Letztlich vergleicht sie nur eine Eingabe mit immensen Mengen “gelernter” Daten und gibt eine Schätzung ab. Vor einiger Zeit habe ich hier einen Karton gezeigt, den eine KI mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit als Nacktfoto identifiziert haben wollte.

Hier nun ein weiterer Test, diesmal mit how-old.net, einer KI von Microsoft, die “gelernt” hat, aus Fotos auf das Alter von Personen zu schließen.

Das Ergebnis schwankt offenbar abhängig von Brille und Gesichtsausdruck (also Faltentiefe) zwischen “ich fühle mich geschmeichelt” und “ok dann geh ich meine Rente beantragen”.

Wenn man sich einmal vage vorstellt, wieviel Entwicklungsarbeit und letztlich Daten- und Energieverbrauch hinter so einem Projekt steckt, muss man ernsthaft die Frage stellen, ob das nicht einfach nur groteske Verschwendung von Ressourcen ist. Nichts gegen Grundlagenforschung: Aber solche Ergebnisse sollten eigentlich nahelegen, dass Deep Learning vielleicht doch einfach zu dumm für die meisten ernsthafte Einsätze ist, und dass es vielleicht in vielen Bereichen doch die bessere Idee ist, menschliche Arbeitsplätze nicht vorschnell durch bräsige, CO2 produzierende Software zu ersetzen.